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Samstag, 1. August 2015

Der Börsengang ist für September geplant. Wer diesen Weg nicht mitgehen will, kann sich auszahlen lassen, er bekommt aber nur eine Abfindung in Höhe der Insolvenzquote von gut acht Prozent. // Ungleichbehandlung der Anleihegläubiger führt zur Nichtigkeit der Beschlüsse !!!

Gläubiger geben Ekotechnika noch eine Chance

Deutsche Holding des russischen Landmaschinenhändlers wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt
07.05.2015, 06:00 Uhr
In Schieflage: Stefan Dürr kämpft um seine Ekotechnika, die existenzbedrohlich überschuldet ist und die Zinsen für eine Anleihe nicht mehr zahlen kann. Foto: Uwe Anspach
Von Thomas Veigel
Walldorf. Es muss heiß hergegangen sein in den vergangenen Tagen zwischen Großinvestor Markus Pfitzke und der Geschäftsführung des angeschlagenen Landmaschinenhändlers Ekotechnika. Jedenfalls entschuldigte sich Unternehmensgründer Stefan Dürr gestern bei der Anleihegläubigerversammlung in Walldorf für "verbale Entgleisungen" seinerseits in einem "heftigen E-Mail-Verkehr" mit Pfitzke. Der Streit hatte aber ein gutes Ergebnis, denn Dürr unterstützte schließlich den Vorschlag Pfitzkes, die Anleihegläubiger und künftigen Aktionäre bevorzugt an künftigen Dividendenzahlungen oder Liquidationserlösen zu beteiligen.
Denn mit dem Anpfiff zum Champions-League-Schlager Barcelona gegen Bayern stand fest, dass die Ekotechnika nicht sofort in die Insolvenz geschickt wird. Die Anleihegläubiger stimmten nach neunstündiger Diskussion für den Vorschlag der Geschäftsführung, das Unternehmen - einen der größten Landmaschinenhändler in Russland - nach einer massiven Kapitalherabsetzung in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und nach einer Barkapitalerhöhung durch die Altgesellschafter um Stefan Dürr an die Börse zu bringen.
60 Millionen Euro hatten die Anleger im Jahr 2013 in eine Anleihe der Ekotechnika GmbH einbezahlt, 9,75 Prozent sollten sie jährlich als Verzinsung erhalten. Einmal, vor einem Jahr, ist der Kupon auch bezahlt worden, die am kommenden Montag fällige Zahlung hätte das Unternehmen nicht leisten können. Aus 1000 Euro Anleihe werden nach der Umwandlung in die AG rund 80 Euro - das ist die voraussichtliche Insolvenzquote.
In einer ausführlichen Präsentation erläuterten Stefan Dürr und Finanzchef Wolfgang Bläsi die Gründe für den Einbruch des Geschäfts und die nachfolgende existenzbedrohende Überschuldung: Ukraine-Krise, Sanktionen, Rubelschwäche, Zinsexplosion, aber auch eigene Management-Fehler. Und sie zeigten auch Schaubilder, in denen der Aktienchart der künftigen Ekotechnika AG in den kommenden Jahren stetig und steil nach oben geht, bis zu einer Verzehnfachung im Jahr 2023.
Operative Maßnahmen würden zur Sanierung nicht ausreichen, sagte Stefan Dürr, deshalb sei eine umfassende Restrukturierung nötig.
Restrukturierung sei zunächst die Verwaltung des Mangels, sagte Frank Günther von One Square Advisors, der von den Gläubigern zum Vertreter ihrer Interessen gewählt wurde. "Und davon gibt es hier reichlich." Restrukturierung sei aber auch die Verteilung der Schmerzen und diese seien im Falle Ekotechnika ebenfalls hoch.
Stefan Dürr und die Altgesellschafter werden durch eine Kapitalerhöhung drei Millionen Euro in die neue AG einbringen und dadurch die Mehrheit am Unternehmen halten. Die Kontrolle über das Unternehmen war die Voraussetzung für den Einsatz frischen Geldes. Stefan Dürr haftet persönlich mit 93 Millionen Euro, seine Mitgesellschafterin Elena Levina mit 42 Millionen Euro bei Lieferanten und Banken. Man wolle nicht Minderheitsgesellschafter in einer Firma sein, in der man ein so hohes Risiko trägt.
Der Börsengang ist für September geplant. Wer diesen Weg nicht mitgehen will, kann sich auszahlen lassen, er bekommt aber nur eine Abfindung in Höhe der Insolvenzquote von gut acht Prozent.

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